Abenteuer München – Ein Scan im Hauptbahnhof
Bahnhöfe in Großstädten bilden immer zentrale Verkehrsknoten. Mit ca. 450.000 Fahrgästen pro Tag ist der Hauptbahnhof in München da keine Ausnahme. Ein derart großer Besucherverkehr bedarf einer entsprechenden Infrastruktur des Gebäudes. Dazu gehören nicht nur ausreichend viele Gleise und genügend Rolltreppen zwischen S- und U-Bahn-Linien, sondern auch angemessene Brandschutzmaßnahmen. Für die Planung deren Ausbaus durften wir nun den davon betroffenen Teil des Bahnhofes scannen. Als Dualstudent und „Praktikant“ durfte ich das Projekt fachlich begleiten.

Unser Scanner (RTC 360, Leica) misst pro Sekunde bis 2 Mio. Punkte
Das Grundprinzip eines Scans ist simpel und in wenigen Worten erklärt: Das Gerät wird positioniert und gestartet. Ein Lasersensor, der Kern des Instruments, rotiert sehr schnell um seine Horizontalachse, während sich das Gerät langsam um seine Stehachse dreht. Der Scanner sendet dabei in regelmäßigen Abständen einen Laserstrahl aus und misst die Zeit bis dieser an einer Oberfläche reflektiert wird und das Gerät wieder erreicht. Aus dieser Messung geht die Entfernung zum getroffenen Oberflächenpunkt hervor, während der jeweilige Horizontal- und Vertikalwinkel des ausgesendeten Strahls im Gerät gemessen werden. Damit sind alle Größen zur Berechnung lokaler Koordinaten dieses Punktes gegeben. Durch die Menge der Messungen findet eine berührungslose Abtastung des gesamten Sichtfeldes des Instrumentes statt. Zusätzlich kann noch die Aufnahme eines 360°-Bildes vom Scanner erfolgen. Diese wird später zur farblichen Gestaltung der Punktwolke verwendet.
Über 100 Standpunkte für die Vermessung
Nun galt es im Hauptbahnhof weit mehr als nur von einer Position zu messen. Durch viele Ecken und Kanten in dem weitläufigen Gebäude waren allein zur deckenden Aufnahme von zwei benachbarten Bahnsteigen im Untergrund über 100 Standpunkte notwendig. Theoretisch wären diese lokalen Aufnahmen unabhängig voneinander und müssten aufwendig in ein gemeinsames System überführt werden. Dank zusätzlicher Bewegungssensoren und Kameras in und an unserem Gerät kennt der Scanner jedoch seine relative Position im Verhältnis zu bereits durchgeführten Scans. Diese Form der Einordnung in die Umgebung ist nur sehr grob, allerdings gerade bei komplexen Aufnahmen hilfreich, um sich im Feld einen Überblick über den Arbeitsfortschritt zu verschaffen. Einfache Verknüpfungen der Standpunkte über gemeinsame Aufnahmekanten, in dem Zusammenhang auch homologe Kanten genannt, lassen sich noch vor Ort berechnen, wodurch eine halbwegs konsistente Punktwolke vom Feldrechner erstellt werden kann. Netzartige Verbindungen, welche durch Ausgleichsrechnungen präzisere Ergebnisse liefern, müssen jedoch immer noch im Innendienst erstellt werden, da hierfür bedeutend größere Rechenkapazitäten gefordert sind.

Bestehende (blau) und potenzielle (rot) Verknüpfungen der Standpunkte
Zusätzlich konnte die Genauigkeit der Standpunkte untereinander durch die Einbindung von Targets gefördert werden. Diese wurden vor der Aufnahme an gut einsehbaren Stellen im Messgebiet verteilt und über einen Polygonzug bestimmt. Die Targets bestehen aus einfachen Ausdrucken auf Papier und zeichnen sich durch ihre komplementäre Farbgebung und klaren Kanten aus. Sie sind somit gut für die optischen Sensoren des Scanners erkennbar und normalerweise sehr leicht in der Punktwolke wiederzufinden.
Herausforderungen beim Scan durch Züge und Publikumsverkehr
Da der Scanner alle Oberflächen in seinem Sichtfeld aufnimmt, lag die große Schwierigkeit bei der Aufnahme im Hauptbahnhof München tatsächlich nicht in seiner komplexen Struktur. Durch diese waren lediglich mehr Standpunkte für eine lückenlose Aufnahme nötig. Probleme entstanden primär durch den Publikumsverkehr und Züge, welche auf den Gleisen ein- und ausfahren mussten.

Ausschnitt aus Punktwolke von U-Bahngleis, Hauptbahnhof München
Trotz Nachtschichten und Aufnahmezeitpunkten zwischen 22 und 6 Uhr herrschte ein reges Treiben in unserem Messgebiet. Es war so nicht verhinderbar, dass Momentaufnahmen von Personen gemacht und in den Rohdaten verewigt wurden. Sie müssen bei der Nachbearbeitung entfernt werden. Dennoch entstand eine brauchbare Punktwolke aus allen Daten, welche nicht nur schön anzusehen ist.