Photo Credit: Sebastian Platz / Sweco Gmbh
Nachhaltigkeit trifft moderne Wasserwirtschaft
Ein Interview mit Sebastian Platz
Teamleiter Beratung & Wissenschaft Wasser Süd Stuttgart
Sebastian Platz hat im Bereich Siedlungswasserwirtschaft promoviert und arbeitet nun daran, die Lücken zwischen Forschung und Praxis zu schließen. Warum die Arbeit auf Kläranlagen nicht nur vielseitig und facettenreich ist, sondern auch noch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet, verrät er im Interview.

Hallo Sebastian, schön, dass du uns ein paar Fragen beantwortest. Wie lange arbeitest du schon als Ingenieur?
Ich habe Umwelttechnik an der FH Wiesbaden studiert und danach an der Universität Stuttgart im internationalen Studiengang WASTE (Air Quality Control, Solid Waste and Waste Water Process Engineering) meinen Masterabschluss gemacht. Da ich das Thema Siedlungswasserwirtschaft schon während des Studiums spannend fand, habe ich in dem Bereich auch promoviert. Schwerpunkte waren die Themen Spurenstoffe und 4. Reinigungsstufe auf Kläranlagen. Von 2015 bis 2017 war ich außerdem Postdoc an der Uni Stuttgart.
2018 habe ich bei Sweco angefangen und direkt viele Studien zur Spurenstoffelimination und erste Planungen für 4. Reinigungsstufen durchgeführt. Seit mittlerweile drei Jahren leite ich ein eigenes Team. Wir führen z. B. Studien durch zum Thema Spurenstoffelimination inkl. CO2-Bilanzen und beschäftigen uns aktuell viel mit Planungen zu Photovoltaik auf Kläranlagen. Neu ist auch das Thema Minimisierung von Lachgas-Emissionen (N2O) auf Kläranlagen.
Mein Arbeitsalltag ist eine Mischung aus der Planung am Schreibtisch (z. B. Datenauswertungen oder 3D-Konstruktionen), der Bauüberwachung (besonders für Maschinentechnik und die Technische Ausrüstung) und dem Besuch von Konferenzen. Ich halte gerne Vorträge über innovative Themen.
Was ist das Spannende an deinem Job und was macht die Arbeit bei Sweco so besonders?
Die Vielfalt: Auf Kläranlagen begegnet man in der Planung und in der Ausführung so ziemlich jeder Ingenieursdisziplin: Tiefbau, Hochbau, Verfahrenstechnik, Architektur und Tragwerksplanung. Dazu kommt der Einsatz von Technologien zur Biogas- und Eigenstromerzeugung, beispielsweise durch Blockheizkraftwerke und Photovoltaikanlagen. Ich bekomme so in meiner täglichen Arbeit viel von verschiedenen Fachrichtungen mit, die über mein eigenes Spezialgebiet hinausgehen und kann mein Wissen kontinuierlich erweitern.
Schön ist auch der menschliche Aspekt meiner Arbeit. Der enge Kontakt zu unseren Kunden und die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Projektbeteiligten, von Klärwärter*innen bis zu Bürgermeister*innen, ist sehr bereichernd und spannend. Neben fachlicher Expertise wird nicht selten meine Fähigkeit als Moderator oder Streitschlichter auf die Probe gestellt.
Die vielen Möglichkeiten, hausintern auf so viel Fachwissen und Referenzen zurückgreifen zu können sind bei Sweco besonders. Für jedes Thema findet man hier die passenden Fachleute. Ich bin der Überzeugung, an den richtigen Projekten mitarbeiten zu können, nämlich solche, die einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft leisten. Das sind in meinem Fall eben besonders Projekte im Bereich Umweltschutz, erneuerbare Energien und Abwasserreinigung. Swecos Werteversprechen „Transforming society together“ passt dazu ganz hervorragend.
Gibt es Projekte, an die du besonders gerne zurückdenkst?
Die Kläranlage Immendingen-Geisingen war mein erstes großes Projekt. Eine solche Filteranlage wurde bis dahin so noch nicht geplant und gebaut und somit haben wir Neuland betreten. Ich konnte meinen wissenschaftlichen Hintergrund sehr gut nutzen, um die Lücken zwischen Forschung und Entwicklung hin in die Praxis zu schließen. Das war zum Teil echt aufregend, aber auch herausfordernd. Was, wenn die Berechnungen und Auslegungen nicht passen?! Aber die Anlage läuft nun schon seit drei Jahren ohne Probleme und zeigt dabei eine extrem gute Reinigungsleistung, wie sonst keine Anlage im Umfeld. Es bereitet große Freude zu sehen, wie ein Projekt, an dessen Planung man beteiligt war, in der Praxis erfolgreich umgesetzt wird und reibungslos funktioniert.

Photo Credit: Sebastian Platz / Sweco GmbH
Welche Herausforderungen siehst du derzeit in der Wasserwirtschaft? Inwiefern beeinflussen sie die Planung von Kläranlagen?
Zum einen sollen die Ablaufwerte (Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor) und die Spurenstoffkonzentrationen im Ablauf immer niedriger werden (Stichwort: neue EU-Kommunalabwasserrichtlinie) und zum anderen soll die Wasserwirtschaft immer energieeffizienter werden. Dies ist in den meisten Fällen ein Widerspruch, da eine bessere Abwasserreinigung mehr und größere Bauwerke sowie mehr Energieeinsatz benötigt. Hier machen wir als Planungsbüro den Spagat zwischen den beiden Zielen und versuchen, zukunftsweisende Lösungsansätze zu finden. Mittels Photovoltaik und Wärmerückgewinnung, intelligenten Mess- und Regelsystemen sowie innovativen Reinigungsverfahren kann dies gelingen.
Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit? Inwiefern integriert ihr ökologische Aspekte in euren Planungen, um Auswirkungen auf die Natur zu minimieren und die Biodiversität zu schützen?
In all unseren Projekten beschäftigen wir uns mit dem wichtigen und notwendigen Thema der Nachhaltigkeit. So erstellen wir zur Sensibilisierung unserer Kunden CO2-Bilanzierungen, die dabei helfen, die Verfahren mit den kleinsten Fußabdrücken auswählen zu können. Gleichzeitig gewinnen auch aktuelle Themen wie der Einsatz von Recycling-Beton an Bedeutung. Abwasserreinigung ist für Gewässer und die dort lebenden Organismen essenziel. Aber auch für den Menschen, wie man am größten Trinkwasserspeicher Europas, dem Bodensee, deutlich sieht. Dieser wird neben 14 großen Zuflüssen, wie z. B. dem Rhein, der Schussen oder der Stockacher Aach, auch mit dem Abwasser aus über 20 großen Kläranlagen gespeist (im Bodensee-Einzugsgebiet gibt es sogar 211!). Nachhaltigkeit bedeutet aber für uns nicht nur, Abwasser bestmöglich zu reinigen, sondern auch unser eigenes Handeln nachhaltig zu gestalten. So möchte Sweco stufenweise bis 2040 klimaneutral werden. Ich persönlich fahre übrigens quasi ausnahmslos für jeden Bürotag 34 km mit dem Fahrrad.
Vielen Dank für das interessante Gespräch!