16/10/2025

Lesezeit 6min

Susanne Tettinger

Susanne Tettinger

Country Project Leader Urban Insight

Mohamad Hussein

Teamleitung Technische Gebäudeausrüstung

Kritische Infrastruktur: Widerstandsfähiges und effizientes Wassermanagement

Im September 2025 wurde vom Bundeskabinett der Gesetzentwurf zum KRITIS-Dachgesetz beschlossen. Mit diesem Gesetz wird die EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen (sog. CER-Richtlinie) umgesetzt. Das KRITIS-Dachgesetz umfasst bundeseinheitlich und sektorenübergreifend den physischen Schutz kritischer Infrastrukturen. Ziel ist es, die Widerstandsfähigkeit in Deutschland zu erhöhen. Im ersten Schritt sind die wichtigsten KRITIS-Betreiber zu identifizieren, im zweiten werden anschließend Risikoanalysen und -bewertungen durchgeführt, die von Naturkatastrophen bis Sabotage und menschlichem Versagen jedes denkbare Risiko berücksichtigen sollen. Zu den elf Sektoren, die betrachtet werden, zählt auch der Wasserbereich. Denn sauberes Trinkwasser und eine zuverlässige Abwasserentsorgung sind zentrale Bestandteile einer resilienten Wasserinfrastruktur – und damit unverzichtbar für eine funktionierende Gesellschaft.

Resilienz in der Wasserwirtschaft: Strategien für Versorgungssicherheit und Anpassungsfähigkeit

Die Welt steht heute vor großen Herausforderungen, die sowohl geopolitische, klima- und umweltbezogene als auch technologische, wirtschaftliche und soziale Krisen umfassen. Daher ist die Resilienz der Infrastruktursysteme für eine sichere Ver- und Entsorgung mit und von Wasser immer wichtiger.

Unter Resilienz versteht man die Fähigkeit mit Veränderungen umzugehen, sich von Ereignissen zu erholen und weiterzuentwickeln. Resilienz bedeutet die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit von Systemen, die so in der Lage sind, Herausforderungen und Krisen zu bewältigen. Außerdem ist Resilienz ein Maß dafür, inwieweit die Integrität des Systems bei Teilausfällen bzw. Störungen erhalten bleibt.

Die Aufgabe, unsere Infrastruktur resilient zu gestalten, ist herausfordernd. Insbesondere, da sich die Folgen des Klimawandels auf den Transformations- und Anpassungsdruck wasserwirtschaftlicher Infrastrukturen stark auswirken. Eine resiliente Wasserver- und Abwasserentsorgung bietet Konzepte, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Sie bezieht sich auf Systeme, die in der Lage sind, sich an die wechselnden Bedingungen und Herausforderungen anzupassen, um eine kontinuierliche und zuverlässige Versorgung von Wasser und Entsorgung bzw. Nutzung von Regen- und Abwasser sicherzustellen. Dies umfasst verschiedene Aspekte:

  • Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen
  • Effiziente Nutzung und Wiederverwendung von Wasser / Kreislaufwirtschaft
  • Integrierte Wasserbewirtschaftung
  • Natürliche Infiltration und Bodenmanagement

Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen

Resiliente Systeme sind darauf ausgelegt, den Auswirkungen von extremen Wetterereignissen wie Überschwemmungen und Dürren standzuhalten. Dies kann durch die Implementierung von dualen Netzwerken für Trink- und Nichttrinkwasser erreicht werden, die den Druck auf die Wasserversorgung und die alternde Infrastruktur verringern und die Wiederverwendung von Regenwasser und behandeltem Abwasser fördern.

Unter Berücksichtigung eines ganzheitlichen Ansatzes für Quartierskonzepte können Wasser und Pflanzen die Temperatur durch Schatten und Verdunstung senken. Außerdem trägt die Speicherung des Wassers mithilfe von Speichertanks und Zisternen dazu bei, sowohl Abflussspitzen bei Starkregenereignissen aufzufangen als auch bei Dürreperioden zur Bewässerung eingesetzt zu werden. Die Regenwasserbewirtschaftung wird durch Versickerungsmethoden wie Mulden-, Schacht- oder Rigolenversickerung dezentralisiert, was den Oberflächenabfluss insgesamt reduziert und so zu einer Entlastung der Abwasserentsorgung beiträgt.

Effiziente Nutzung und Wiederverwendung von Wasser / Kreislaufwirtschaft:

Die Wiedernutzung von Regen- und Abwasser fördert eine zirkuläre Denkweise und die effiziente Nutzung von Ressourcen. Indem Regen- und Abwasser lokal wiederverwendet wird, kann sowohl der Trinkwasserverbrauch als auch die Menge des abzuleitenden Abwassers reduziert und die Oberflächenwasserverschmutzung verringert werden. Daher spielen insbesondere die Grau- und Regenwassernutzung eine Rolle.

Nutzung von Regenwasser und Grauwasser

Die Regenwassernutzung umfasst das Sammeln und Verwenden von Regenwasser für verschiedene Zwecke. So kann die Regenwassernutzung beispielsweise den Verbrauch von Trinkwasser reduzieren, die Abwasserbelastung verringern und zur Schonung natürlicher Wasserressourcen beitragen. Im Garten kann gesammeltes Regenwasser zur Bewässerung genutzt werden, im Haushalt für die Toilettenspülung und/oder auch die Waschmaschine und in der Industrie als Prozesswasser zur Kühlung oder Reinigung. Es können saisonale Wasserspeicher genutzt werden, um Schwankungen im Zulauf auszugleichen.

Zur Speicherung von Regenwasser können sowohl unterirdische als auch oberirdische Zisternen eingesetzt werden. Das Regenwasser wird über Dachrinnen und Fallrohre gesammelt und in die Zisterne geleitet. Das Dach eines durchschnittlichen Wohnhauses kann z. B. etwa 2.500 Liter Wasser aufnehmen. Vor der Speicherung wird das Wasser durch einen Filter geleitet, um Schmutz und Ablagerungen zu entfernen. Das so gereinigte Wasser wird dann in der Zisterne gespeichert und kann für verschiedene Zwecke wie Gartenbewässerung, Toilettenspülung oder sogar zur Waschmaschinennutzung verwendet werden. Werden Toiletten mit Regenwasser anstelle mit Frischwasser gespült, können pro Person und Tag bis zu 35 Liter Wasser eingespart werden.

Auch Grauwasser könnte zum Spülen wiederverwendet werden. Grauwassernutzung bezeichnet die Wiederverwendung von leicht verschmutztem Wasser aus Haushalten. Quellen von Grauwasser können das Wasser vom Händewaschen, Dusch- und Badewasser sowie Abwasser aus der Waschmaschine sein. Indem wiedergewonnenes Grauwasser für Zwecke wie Toilettenspülungen, Bewässerung oder sogar Wäschewaschen genutzt wird, lasst sich der tägliche Trinkwasserbedarf um bis zu 45 % reduzieren. Grauwasser hat gegenüber Regenwasser den großen Vorteil, dass es jeden Tag verfügbar ist und einen durchgängigen Wasserstrom bereitstellt, der aufgefangen und wiederverwendet werden kann.

Dies trägt sowohl zur Verbesserung der Umweltqualität und der Gesundheit als auch zur Erhöhung der Autarkie von Kommunen bei. Technologien wie Membranfiltration können eingesetzt werden, um hohe Wasserqualitäten zu erreichen.

Integrierte Wasserbewirtschaftung

Integrierte Wasserbewirtschaftungswerkzeuge wie Wasserbewirtschaftungspläne und digitalen Asset-Management-Tools helfen Kommunen, Verbänden und Verwaltungen dabei, Lösungen zu integrieren und fundierte Entscheidungen bezüglich Budget, Timing und Sicherheit zu treffen. Dies trägt dazu bei, die Investitionsbedarfe proaktiv zu bewältigen und auch langfristig die Kosten niedrig zu halten. Relevante Stichworte in diesem Zusammenhang sind Schwammstadtkonzepte sowie blau-grüne Infrastruktur. Die reduzierte und zeitverzögerte Einleitung von Regenwasser führt zu einer Entlastung des öffentlichen Entsorgungsnetzes und saisonale Speicher wie Zisternen sind geeignet Schwankungen im Zulauf auszugleichen.

Natürliche Infiltration und Bodenmanagement

Die Wiederherstellung und Erhaltung natürlicher Infiltrationsprozesse und die Minimierung des Grundwasserverbrauchs sind entscheidend, um Wasser als strategische Reserve während Spitzenverbrauchszeiten oder Dürren zu erhalten. Die Vermeidung von Verschmutzung durch gut gewartete Kanalisationssysteme ist ebenfalls wichtig. Hier sind jedoch die spezifischen lokalen Rahmenbedingungen zu beachten. So muss ein Boden aufnahmefähig sein, um eine Infiltration auch umsetzen zu können.

Fazit: Resiliente Wasserinfrastruktur als Grundlage für nachhaltige Zukunft

Resiliente Wasserver- und Abwasserentsorgungssysteme sind somit darauf ausgelegt, flexibel und anpassungsfähig zu sein, um den sich ändernden Umweltbedingungen und gerecht zu werden. Ein dezentralisiertes und autarkes Wassersystem ist eine Möglichkeit, den bestehenden Herausforderungen zu begegnen und zu widerstandsfähigen Gemeinschaften führen. Ein ganzheitliches Wasserkonzept, welches die regionalen Rahmenbedingungen und Infrastrukturen berücksichtigt, ist dabei unabdingbar.

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