Photo Credit: © Sweco GmbH / Dirk Kurz
Die neue Rheinbrücke Schierstein
Nachhaltige Ingenieurskunst für eine bessere Verkehrsinfrastruktur
Nach zehn Jahren Bauzeit hat Bundesminister Volker Wissing im August 2023 den zweiten Überbau der Rheinbrücke Schierstein für den Verkehr freigegeben. Die längste Straßenbrücke Hessens verbindet die Landeshauptstädte Wiesbaden und Mainz miteinander und spielt eine wichtige Rolle bei der Erschließung der Wirtschaftsräume Hessen und Rheinland-Pfalz. Die besonderen Randbedingungen hinsichtlich Naturschutzes, Gestaltung, Robustheit, Unterhaltung, Verkehr, Montage und Wirtschaftlichkeit stellten höchste Anforderungen an alle Beteiligten. Als Ingenieur, der maßgeblich an der Planung beteiligt war, möchte ich ein paar Einblicke in dieses spannende und herausfordernde Projekt geben.
Die alte Rheinbrücke Schierstein
Die alte Rheinbrücke Schierstein wurde in den frühen 1960er-Jahren erbaut und stieß aufgrund des stark angestiegenen Verkehrsaufkommens an ihre Grenzen. Zudem wiesen die Bauwerke gravierende Schäden auf, die hauptsächlich durch den hohen Schwerlastanteil verursacht wurden. Sowohl aus verkehrlichen als auch aus Gründen der Standsicherheit war ein Ersatzneubau zwingend erforderlich.
Aufgrund der besonderen Lage der Brücke in Natur- und Landschaftsschutzgebieten wurde ein begrenzt offener, interdisziplinärer Realisierungswettbewerb ausgelobt. Sweco wurde in Zusammenarbeit mit dem Architekten Ferdinand Heide als Wettbewerbssieger ausgewählt.
Ingenieurskunst: der Siegerentwurf und seine Merkmale
Der prämierte Siegerentwurf besticht durch seine einfache Bauweise und die harmonische Anpassung an die städtische und landschaftliche Umgebung. Die Spannweiten der einzelnen Brückenfelder wurden so gewählt, dass ein gestalterisch ausgewogenes Tragwerk mit hoher Effizienz entstand.
© Sweco GmbH, Frankfurt/Ferdinand Heide Architekt, Fechenheim
Eine Besonderheit ist ein unter der Brücke hängender Fuß- und Radweg, der Wiesbaden, die Flussinsel Rettbergsaue und Mainz attraktiv miteinander verbindet. Dieser Steg ermöglicht es den Menschen, die Insel und die gegenüberliegenden Uferzonen zu Fuß oder mit dem Rad und ohne Verkehrslärm zu erreichen.
Auch Belange des Umweltschutzes berücksichtigt die realisierte Tragkonstruktion: Die schlanke Deckbrücke sorgt dafür, dass dort lebende Vögel nicht beeinträchtigt werden und der Landschaftraum optisch nicht verstellt wird.
Umweltgerechtes und nachhaltiges Bauen
Stahl ist als Baustoff nicht nur langlebig und besonders gut zu recyceln, er lässt sich für Umbauten und Erweiterungen auch nahezu problemlos ergänzen. Für den Bau der Überbauten wurden Stahlquerschnitte aus hochwertigem Baustahl verwendet. Die Bauteile wurden im Werk vorgefertigt und anschließend zur Baustelle geliefert. Durch Vorfertigung möglichst großer Bauteile konnte eine hohe Ausführungsqualität erreicht werden. Die Montage der Brückenteile erfolgte mithilfe innovativer Verfahren wie dem Längseinschub der Ganzstahlbrücken und dem Einschwimmen der Mittelteile. Diese Montagevarianten ermöglichten eine hohe Qualität und Genauigkeit beim Bau der Brücke.
Die Rheinbrücke Schierstein ist nicht nur ein bedeutendes Bauwerk für das Verkehrsnetz, sondern auch ein Beispiel für umweltgerechtes und nachhaltiges Bauen.

Längsverschub (© Sweco GmbH, Alwin Dieter)

Vormontagefläche auf dem Cemex-Gelände (© Sweco GmbH, Alwin Dieter)

Einschwimmen Mittelteil und Anheben mit Litzenhebern (© Sweco GmbH, Alwin Dieter)