24/06/2024

Lesezeit 8min

Gina Borchert

Gina Borchert

Marketing & Kommunikation

Den Großteil der Beschäftigten im Ingenieurwesen in Deutschland machen nach wie vor Männer aus. Nur etwa 18% der Ingenieur*innen in Deutschland sind weiblich. Am 23. Juni wird jährlich der internationale Tag der Frauen im Ingenieurwesen (International Women in Engineering Day) gefeiert, um die Vielfalt in Ingenieurberufen zu fördern. Anlässlich dieses Tages haben wir mit unserer Berliner Kollegin Julia Mella gesprochen. Als Frau in einer Ingenieurposition trägt sie aktiv dazu bei, traditionelle Rollenbilder zu durchbrechen und den Weg für eine inklusivere Zukunft zu ebnen. Im Interview erzählt sie uns, was das Beste an ihrem Job ist und welche Wünsche sie für die Zukunft von Frauen im Ingenieurwesen hat.

Liebe Julia, kannst du uns kurz etwas über deinen beruflichen Werdegang erzählen?

Ich habe Technischen Umweltschutz an der TU Berlin studiert. Neben dem Studium habe ich an der Uni als Tutorin für Physikalische Chemie im Fachgebiet Verfahrenstechnik gearbeitet und auch Berufspraktika im Bereich Forschung sowie Verfahrenstechnik absolviert. Nach meinem Masterabschluss habe ich mich bei Sweco beworben und wurde glücklicherweise direkt eingestellt.

Warum hast du dich für ein ingenieurwissenschaftliches Studium und für eine Karriere in dem Bereich entschieden?
Ich habe mich dafür entschieden, weil ich bereits in der Oberstufe mein Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern entdeckt habe. Obwohl ich zunächst Schwierigkeiten in Mathe und Naturwissenschaften hatte, habe ich durch eine kompetente Lehrerin gemerkt, dass ich darin eigentlich sehr gut sein kann. Meine Leidenschaft für die Naturwissenschaften wuchs und ich erhielt sogar eine Ehrenuhrkunde vom VDI (Verein Deutscher Ingenieure e. V.) für herausragende Leistungen in diesem Bereich während meines Abiturs. Dabei war ich die einzige weibliche Schülerin, die diese Auszeichnung erhielt. Schulfreundinnen von mir hatten Preise in Kunst und Literaturwissenschaften gewonnen. Das war der erste Moment, in dem mir bewusst wurde, dass nur wenige Frauen in dieser Branche tätig sind. Das hat mich jedoch nicht gebremst, sondern eher angespornt.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
Unser Team ist sehr breit aufgestellt. Dadurch kann ich als Projektingenieurin an verschiedensten Projekten im Energie-Bereich mitarbeiten. Aktuell arbeiten wir z. B. an der Abwasserwärmerückgewinnung in einer Kläranlage oder unterstützen im Arbeitsschutz auf der Baustelle einer neuen Freiflächenphotovoltaikanlage. Jeder Arbeitstag ist individuell, besteht aber in der Regel aus der Arbeit mit Excel-Dateien, Meetings mit Kolleg*innen und Kund*innen sowie Baustellenbesichtigungen. Meine Schwerpunkte liegen in der Verfahrenstechnik, aber auch immer mehr in der Projektsteuerung. Mein großes Ziel ist es, irgendwann eigene Projekte zu leiten und möglicherweise sogar ein eigenes Team zu übernehmen.

Was ist das Beste daran, Ingenieurin zu sein?


An meiner Arbeit bei Sweco gefällt mir besonders die Möglichkeit, einen Beitrag zur Transformation der Gesellschaft zu leisten. Ich finde es sehr erfüllend, konkrete Ergebnisse meiner Arbeit zu sehen – und als Ingenieurin passiert das ständig. Besonders die energie- und umweltrelevanten Projekte erfüllen mich mit Freude, da ich so aktiv zur Verbesserung der Umwelt beitrage. Ich habe mich aus fester Überzeugung dafür entschieden Ingenieurin zu werden und bin der Meinung, dass unsere Themen nicht nur für die Umwelt, sondern auch gesellschaftlich relevant sind und zur kontinuierlichen Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Das ist für mich das Beste daran!

Gibt es spannende Projekte, an denen du gerade arbeitest oder die du in der Vergangenheit bearbeitet hast?
Ja, alle Projekte, an denen ich bisher bei Sweco gearbeitet habe, fand ich spannend. Aktuell arbeite ich an einem Projekt, das mir besonders am Herzen liegt: Wir planen mithilfe einer Wärmepumpenanlage Wärme aus dem gereinigten Abwasser einer Kläranlage zurückzugewinnen. Es fasziniert mich, wie aus Abwasser ein wertvolles Potenzial gewonnen und nachhaltig genutzt werden kann, um die Stadt mit Wärme zu versorgen. Mit diesem Projekt habe ich das Gefühl, den Gedanken der Nachhaltigkeit konkret umzusetzen.

Was waren bislang deine größten Herausforderungen und Erfolge in deinem Job?
Die größte Herausforderung war es, die Theorie aus dem Studium in die Praxis umzusetzen und zu verstehen, wie die Arbeitswelt und die Prozesse funktionieren. Dank des Einarbeitungsmodells bei Sweco, insbesondere des Patenkonzepts und des engen Austauschs mit meinem Teamleiter, wurde mir der Berufseinstieg relativ leicht gemacht.

Bei der Akquise des Wärmepumpenprojektes, habe ich direkte Erfolge gesehen. Zuerst hatte ich Zweifel, ob ich eine so wichtige Aufgabe nach nur wenigen Wochen bewältigen kann. Mein Teamleiter hat mir jedoch diese Zweifel genommen und ich konnte mit seiner Führung und den Freiheiten, die er mir gegeben hat, einen großen Beitrag dazu leisten, den Auftrag zu bekommen.

Gibt es spezifische Vorurteile oder Stereotypen, denen du als Frau auf der Baustelle, bzw. im Ingenieurbereich begegnet bist? Wie gehst du damit um?

Jein. Vor meiner Zeit bei Sweco hatte ich als Frau manchmal das Gefühl, dass meine eigenen Aussagen nicht so gewertet werden wie die eines männlichen, erfahrenen Ingenieurs. Obwohl sich dies meistens nicht explizit geäußert hat, blieb es dennoch ein Gefühl, das ich hatte.

Besonders positive Erfahrungen habe ich bei Sweco gemacht. Wir sind sowohl national als auch international ein frauengeführtes Unternehmen. Unsere CEO Åsa Bergmann und Julia Zantke (Business Area President Sweco Germany und Central Europe) sind positive Beispiele dafür, dass Frauen bei Sweco die gleichen Chancen haben, eine erfolgreiche Karriere zu machen. Dies motiviert und inspiriert mich sehr.

In meinem Team sind wir fast gleich viele Männer wie Frauen. Mein Vorgesetzter ist sehr sensibilisiert für dieses Thema und vermittelt uns stets das Gefühl, dass unsere Leistung geschlechterneutral bewertet wird. Dadurch fördert er meine Entwicklung als Ingenieurin in der Sweco-Welt. In größeren Runden, in denen Männer in der Überzahl sind, kann ich meinen Fokus mittlerweile ganz gut auf die wesentlichen Punkte der Projektarbeit setzen und mich als gleichwertiges Mitglied fühlen. Ich weiß, wie viel Glück ich direkt zu Beginn meiner Karriere hatte, und bin stolz darauf, Teil der Sweco-Kultur zu sein. An dieser Stelle möchte ich explizit meinem Teamleiter und meinem Team für die Unterstützung und die positiven Erfahrungen danken.

Was müsste deiner Meinung nach passieren, damit mehr Frauen ins Ingenieurwesen gehen?
Es ist entscheidend, dass junge Mädchen schon im Kindergarten- oder Grundschulalter Interesse an Naturwissenschaften entwickeln können, z. B. durch entsprechendes Spielzeug. Ein Experimentierset, Lego oder naturwissenschaftliche Computerspiele können bereits ausreichen, um Interesse bei Kindern zu wecken. Je früher man damit anfängt, desto selbstverständlicher wird es für heranwachsende Frauen, auch einen Platz in dieser Branche zu haben.

Mein Vater hat uns z. B. immer ins Naturkundemuseum mitgenommen, meine Schwester und ich haben früh Experimentierkästen bekommen und hatten nie das Gefühl, dass diese nur für Jungen sind. Es ist schön, dass mir meine Eltern immer vermittelt haben, dass das Geschlecht bei der Berufswahl keine Rolle spielt.

Ich denke, weibliche Vorbilder sind wichtig für junge Frauen

Hattest du weibliche Vorbilder oder Mentorinnen, die dich unterstützt haben? Wie wichtig ist das für junge Frauen in der Branche?
In der Schule und an der Universität hatte ich das, abgesehen von meiner Mathe-Lehrerin in der Oberstufe, leider nicht. Vor allem an der Uni gab es hauptsächlich männliche Professoren, Dozenten und wissenschaftliche Mitarbeiter. Obwohl es mich nicht gebremst hat, bin ich sicher, dass es mich anders geprägt hätte, wenn ich weibliche Vorbilder gehabt hätte. Ich denke, weibliche Vorbilder sind wichtig für junge Frauen, damit sie früh erkennen, dass das Geschlecht keine Rolle spielt und jede*r seinen Platz in dieser Branche verdient hat.

Welche Tipps würdest du anderen Frauen geben, die eine Karriere im Ingenieurwesen anstreben?
Sucht euch Unternehmen wie Sweco, die aktiv Frauen in dieser Branche fördern. Verfolgt eure Ziele konsequent und lasst euch nicht unterkriegen oder verunsichern. Sprecht es an, wenn ihr euch falsch behandelt oder benachteiligt fühlt. Nutzt die Angebote, die Unternehmen für solche Fälle haben, und informiert euch über Möglichkeiten, die zur Behebung von Ungerechtigkeiten existieren (z. B. Compliance-Verfahren). Nur so kann sich etwas verändern!

Was wünschst du dir für die Zukunft von Frauen im Ingenieurwesen?
Ich wünsche mir, dass sich mehr Frauen für ein Studium und einen Job im Ingenieurwesen entscheiden und den Mut haben, in dieser Branche zu arbeiten, weil sie erkennen, dass diese nicht nur etwas für Männer ist. Diversität ist auch hier förderlich für die Kreativität und die gute Zusammenarbeit.

Ich bin sicher, dass sich das Bild von Frauen im Ingenieurwesen in den letzten Jahren stark verbessert hat und es immer normaler wird, Frauen in solchen Berufen zu sehen. Gleichzeitig hoffe ich, dass die Diversität weiter zunimmt und Ausnahmen zur Regel werden. Und wer weiß, vielleicht gibt es eines Tages sogar mehr Frauen als Männer in diesem Beruf.

Vielen Dank für die spannenden Einblicke!

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