31/07/2025

Lesezeit 7min

Gina Borchert

Gina Borchert

Marketing & Kommunikation

Einblicke in die Praxis: Warum Förderprogramme, Bürgerbeteiligung und kreative Ideen Dörfer nachhaltig stärken

Der ländliche Raum steht vor großen Herausforderungen – aber auch vor neuen Chancen. Immer mehr Menschen interessieren sich wieder für das Leben auf dem Land, möchten mitgestalten und ländliche Gemeinden aktiv weiterentwickeln. Genau hier setzt die Dorfentwicklung an: mit klaren Konzepten, Förderung und starker Beteiligung vor Ort. Swecos Dorf- und Regionalentwicklerin Lena Nordhausen erzählt im Interview, wie Dorfentwicklung in der Praxis aussieht, worauf es wirklich ankommt und welche positiven Veränderungen vor Ort spürbar werden.

Hallo Lena, kannst du uns kurz erklären, was man unter Dorfentwicklung versteht? Welche Leistungen bietet Sweco im Bereich Dorfentwicklung und ländliche Entwicklung an?

„Dorfentwicklung“ ist ein EU-Förderprogramm zur nachhaltigen Entwicklung ländlicher Gemeinden, das mit Bundes- und Landesmitteln unterstützt wird. Bei Sweco begleiten wir Kommunen durch den gesamten Prozess: von der Bewerbung über die Erstellung eines Dorfentwicklungsplans bis hin zur Umsetzung konkreter Maßnahmen wie Gebäudesanierung, Platzgestaltung oder Dorfkernbelebung. Die Projekte sind langfristig angelegt und dauern insgesamt rund 10 Jahre. Grundlage ist immer eine intensive Bürgerbeteiligung.

Was hat dich persönlich dazu motiviert, im Bereich Dorfentwicklung und ländliche Entwicklung tätig zu werden?
Ganz ehrlich – das war eher Zufall. Ich habe ursprünglich Tourismuswirtschaft und strategisches Management studiert. Über meine Masterarbeit zum ländlichen Tourismus bin ich dann zu Sweco gekommen und als Quereinsteigerin ins Team gerutscht. Die Arbeit in der Dorf- und Regionalentwicklung hat mich sofort begeistert, weil man wirklich direkt vor Ort etwas bewegt. Seit 2021 bin ich fest dabei, und es motiviert mich total, durch verschiedene Orte zu fahren und zu sehen: Das hier wurde durch unsere Arbeit möglich. Die Projekte sind langfristig, man hat regelmäßig engen Kontakt mit den Menschen und jedes Dorf bringt eigene Besonderheiten mit.

Welche Kompetenzen sind wichtig, um als Dorfentwicklerin erfolgreich zu arbeiten?
Als Dorfentwicklerin sind vor allem Kommunikationsstärke und Geduld entscheidend. Man arbeitet viel mit Menschen, z. B. Bürger*innen oder Kommunalpolitiker*innen und muss komplexe Themen verständlich für unterschiedlichste Akteure erklären können. Ein städtebauliches oder architektonisches Verständnis ist ebenfalls hilfreich, denn oft geben wir Empfehlungen, wie etwa alte Höfe oder Dorfplätze attraktiv gestaltet werden können. Außerdem sind Fähigkeiten in Bürgerbeteiligung, Moderation und Organisation wichtig, um unterschiedliche Interessen zu bündeln und Kompromisse zu finden. Mediation spielt dabei eine große Rolle, weil viele Meinungen berücksichtigt werden müssen.

Wie sieht dein Arbeitsalltag als Dorfentwicklerin aus und welche Aufgaben gehören typischerweise dazu?

Mein Arbeitsalltag ist sehr abwechslungsreich: Häufig stehen Telefonberatungen und Vor-Ort-Termine auf dem Programm. Ich unterstütze Bürger*innen bei Förderanträgen, kläre Fragen mit dem Amt für regionale Landesentwicklung und begleite Arbeitskreissitzungen, um die Bevölkerung über aktuelle Projekte zu informieren. Außerdem prüfe ich Kostenangebote und verfasse Stellungnahmen zu Förderanträgen. Obwohl jede Person ihren Antrag selbst stellen kann, ist eine Beratung sinnvoll und für Privatpersonen sogar kostenlos.

Was macht die Arbeit in der Dorfentwicklung für dich besonders erfüllend? Was ist herausfordernd?
Die Arbeit lohnt sich vor allem, wenn ich mit den Menschen gemeinsam Erfolge sehe, zum Beispiel wenn ein alter landwirtschaftlicher Hof saniert wird. Ich freue mich über jeden positiven Förderbescheid. Fördermittel von bis zu 200.000 Euro können vor Ort sichtbare Veränderungen bewirken. Das Ortsbild kann sich innerhalb von 1–2 Jahren deutlich weiterentwickeln. Herausfordernd ist es, vor allem bei größeren kommunalen Projekten den Überblick zu behalten und alle öffentlichen Belange einzubeziehen. Nicht jeder Förderantrag wird im ersten Anlauf genehmigt, daher motivieren wir die Menschen, dranzubleiben und gegebenenfalls neue Anträge zu stellen.

Welche positiven Veränderungen hast du durch deine Arbeit in Gemeinden oder Dörfern bereits angestoßen oder miterlebt?
Abgesehen von den baulichen Maßnahmen wie dem Neubau von Dorfgemeinschaftshäusern oder der Neugestaltung von Dorfplätzen, die das Ortsbild verschönern, erlebe ich vor allem, wie Dorfentwicklung das Zwischenmenschliche stärkt. Zum Beispiel haben sich zwei Gemeinden als Dorfregion zusammengeschlossen und fördern den landkreisübergreifenden Austausch. Durch Vernetzung und gemeinsamen Ideenaustausch entstehen neue Kooperationen. Wir teilen erfolgreiche Projekte und fördern so den Dialog zwischen den Dörfern. Das bringt nachhaltige Impulse für die ländliche Entwicklung.

Erfolgreiche Dorfentwicklung braucht vor allem engagierte Menschen vor Ort

Was zeichnet eine erfolgreiche und nachhaltige Dorfentwicklung deiner Meinung nach aus?
Erfolgreiche Dorfentwicklung braucht vor allem engagierte Menschen vor Ort, die mitmachen und eigene Ideen einbringen. Die Gemeinde muss das Thema auch gut kommunizieren und regelmäßig, z. B. in Ratssitzungen, über den aktuellen Stand informieren. Wichtig ist, dass Bürgerinnen und Bürger bei der Entwicklung mitgenommen und motiviert werden. Nur mit kontinuierlicher Beteiligung und Unterstützung kann nachhaltige Entwicklung im Dorf gelingen.

Kannst du konkrete Projekte aus der Dorfentwicklung vorstellen, die besonders wirkungsvoll oder innovativ waren?
Ein besonders schönes Projekt war die Dorfentwicklung in der Gemeinde Gnarrenburg in Niedersachsen. Mit Fördermitteln in Millionenhöhe wurde dort die Ortsmitte umfassend neugestaltet. Entstanden sind u.a. ein modernes Bürgerhaus für Veranstaltungen und ein neuer Dorfplatz. Das Projekt hat nicht nur das Ortsbild aufgewertet, sondern der Dorfgemeinschaft auch einen neuen Treffpunkt beschert. Das zeigt, was mit guter Planung und Förderung möglich ist.

Welche Rolle spielen Klimaschutz und Resilienz in der Dorfentwicklung?

Klimaschutz, Umwelt und Naturschutz sind feste Bestandteile der Dorfentwicklung und fließen bei der Bewertung von Förderanträgen mit ein. Auch wenn die Maßnahmen oft klein erscheinen, wie z. B. das Anlegen eines Blühstreifens, der Einsatz natürlicher Baustoffe oder der Bau eines Regenrückhaltebeckens, leisten sie in Summe einen wichtigen Beitrag. Darauf achten wir bei jedem Vorhaben und sensibilisieren die Gemeinden auch gezielt.

Welche Veränderungen hast du in den letzten Jahren im Leben auf dem Land beobachtet – und welche Rolle spielt dabei die Dorfentwicklung?
Ich nehme wahr, dass wieder mehr junge Menschen und Familien aufs Land ziehen. Sie bringen frischen Wind mit und wollen sich einbringen, was sehr positiv ist. Dorfentwicklung kann hier viel bewirken, wenn sich Menschen verschiedener Altersgruppen angesprochen fühlen und aktiv eingebunden werden.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen für Dörfer und Gemeinden im ländlichen Raum?
Das hängt stark von der Region ab, aber häufige Themen sind Leerstand – vor allem bei aufgegebenen landwirtschaftlichen Betrieben, der demografische Wandel und fehlende Mietwohnungen. Hinzu kommt die oft angespannte Finanzlage der Gemeinden. Sweco unterstützt daher dabei, Fördermittel zu akquirieren und z. B. durch Umnutzung alter Wirtschaftsgebäude neuen Wohnraum zu schaffen und so Dörfer als attraktive Wohn- und Arbeitsorte zu stärken.

Wenn du dir etwas für die Zukunft der Dörfer in Deutschland wünschen könntest – was wäre das?
Mehr und verlässlichere Fördermittel für den ländlichen Raum. Viele gute Projekte, z. B. für Wohnraum, Infrastruktur oder Daseinsvorsorge, wären ohne Förderung gar nicht möglich. Gerade in Zeiten, in denen staatliche Mittel verstärkt in andere Bereiche fließen, wäre es wichtig, ländliche Regionen nicht aus dem Blick zu verlieren.

Vielen Dank für die Einblicke in deine Arbeit in der Dorfentwicklung!

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