Fünf entscheidende Trends für Europas Biodiversitätsagenda
Der Rückgang der Biodiversität bedroht Ökosysteme, die Wirtschaft und die Gesellschaft und gefährdet mehr als die Hälfte des globalen BIP. In diesem Bericht beschäftigen sich Expert*innen von Sweco mit Maßnahmen, die Europa ergreifen kann, und bieten einen Fahrplan, um den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2030 aufzuhalten und umzukehren.

Der Verlust der biologischen Vielfalt schreitet in alarmierendem Tempo voran und stellt eine große Gefahr für Ökosysteme, Unternehmen und Gesellschaften dar. Das Verständnis der Grundlagen der Biodiversität ist entscheidend für die Entwicklung wirksamer Lösungen, die sowohl unserem Planeten als auch der Wirtschaft zugutekommen. Dieser Bericht beleuchtet diese Grundlagen und stellt erfolgreiche Initiativen und innovative Lösungen vor, die die Biodiversität fördern und den erforderlichen systemischen Wandel unterstützen.
Der Globale Biodiversitätsrahmen (Global Biodiversity Framework, GBF) zielt darauf ab, den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2030 zu stoppen und umzukehren, wobei ehrgeizige Ziele wie die Erhaltung von 30 % der Land- und Wasserflächen und die Wiederherstellung von 30 % der geschädigten Ökosysteme verfolgt werden. Die Fortschritte bei der Umsetzung sind jedoch gering. Weltweit haben 23 % der Länder aktualisierte nationale Strategie- und Aktionspläne für die biologische Vielfalt (NBSAPs) vorgelegt, in Europa müssen noch 70 % der Länder ihre aktualisierten NBSAPs vorlegen.
Bei den jüngsten COP-16-Gesprächen in Rom einigten sich die Länder schließlich auf eine Strategie, mit der bis 2030 jährlich rund 195 Milliarden Euro für den Erhalt der Biodiversität in den Entwicklungsländern bereitgestellt werden sollen – ein bedeutender Schritt nach vorn.
Wie Andreas Gyllenhammar, Chief Sustainability Officer bei Sweco, es ausdrückt:
„Wenn es uns nicht gelingt, die grüne Transformation zu den Bedingungen der Natur zu vollziehen, wird sie überhaupt nicht stattfinden.“

Die Vielfalt der Natur nimmt ab und bedroht Ökosysteme, Gesellschaften und Unternehmen. Derzeit sind mehr als 1 Million Arten vom Aussterben bedroht, und mehr als die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsproduktes (BIP) ist gefährdet, wenn nicht gehandelt wird. Gleichzeitig haben sich in Europa mehrere wichtige Trends herauskristallisiert, die die Ziele der GBF voranbringen sollen.
Diese fünf Trends wurden von Sweco-Expert*innen und Fachleuten aus dem gesamten Bereich der Biodiversität identifiziert, die die Entwicklungen in einer Vielzahl von Geschäftsbereichen kontinuierlich beobachten.
1. Biodiversität im Finanzwesen
In ganz Europa ist ein zunehmender Trend zur verstärkten Bewertung und Offenlegung der Auswirkungen von Unternehmen und Finanzinstituten auf die Biodiversität zu beobachten, der durch die Anerkennung der finanziellen Risiken im Zusammenhang mit dem Verlust der biologischen Vielfalt gefördert wird.
Globale Rahmenwerke wie die Science-Based Targets for Nature ermöglichen es Unternehmen und Städten, Ziele für ihre Arbeit in Bezug auf Klima und Natur festzulegen, und die Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) hilft Unternehmen, Risiken im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt zu mindern. Diese Rahmenwerke werden von Unternehmen zunehmend genutzt, um systematische Analysen der Wertschöpfungskette, Zielsetzungen und Offenlegungen zu ermöglichen. Die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) enthält Berichtsstandards, die es Unternehmen auch ermöglichen, ihren Beitrag zum Verlust der biologischen Vielfalt offenzulegen.
2. Märkte für Biodiversitätskredite
Die zunehmende Bewertung und Offenlegung der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt hat zur Entwicklung von Ausgleichs- und Kreditmärkten für Biodiversität geführt, die es Unternehmen ermöglichen, ihre Auswirkungen durch Investitionen in Naturschutzmaßnahmen auszugleichen.
So zum Beispiel im Vereinigten Königreich und in Deutschland: Unternehmen können hier durch Biodiversitätskredite ihre Auswirkungen durch Naturschutzinvestitionen ausgleichen. In England setzt die „Biodiversity Net Gain“-Politik (BNG) einen globalen Maßstab, der für neue Entwicklungen eine Verbesserung der Biodiversität um 10 % vorschreibt. BNG ist ein Entwicklungskonzept, das von Bauunternehmern in England verlangt, natürliche Lebensräume um mindestens 10 % über ihrem ursprünglichen Zustand hinaus zu verbessern.
3. Investitionen in Wiederherstellung und Erhaltung
Dieser Trend ist gekennzeichnet durch die Einrichtung verschiedener Finanzierungsmechanismen zur Unterstützung von Biodiversitäts-Initiativen, wie Horizont Europa und das LIFE-Programm. Trotz dieser Bemühungen hat die Europäische Kommission eine Finanzierungslücke festgestellt, die die Erkundung neuer Finanzierungsinstrumente veranlasst hat. Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) werden zunehmend zur Finanzierung von Naturschutzprojekten eingesetzt, während nationale Initiativen wie Dänemarks „Grøn Trepart“ darauf abzielen, landwirtschaftliche Flächen zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt umzugestalten.
Regierungen und Unternehmen verstärken die Wiederherstellung. Deutschland hat 4 Milliarden Euro zugesagt, während Dänemark 400.000 Hektar Land in Feuchtgebiete und Wälder umwandelt. Öffentlich-private Partnerschaften erleichtern die Zusammenarbeit und helfen bei der Festlegung gemeinsamer Prioritäten, die der Schlüssel zu groß angelegten Naturschutzbemühungen in ganz Europa sein könnten.
4. Biodiversität in Städten
Diese Entwicklung wird zum Teil durch das EU-Wiederherstellungsgesetz vorangetrieben, das die Erhaltung und Erweiterung von Grünflächen und Baumbeständen in Städten vorschreibt. Diese Verordnung zielt zusammen mit „Rewilding“-Initiativen darauf ab, natürliche Ökosysteme wiederherzustellen, ökologische Korridore zu schaffen und die Bürger*innen in eine nachhaltige Planung einzubeziehen, um die Ökosystemleistungen zu verbessern, die Klimaresistenz zu erhöhen und die biologische Vielfalt in den Städten zu fördern.
Schwedische Kommunen erhalten Unterstützung für die Integration von Ökosystemleistungen und grüner Infrastruktur durch den nationalen Leitfaden für grüne Planung (Guidance for Green Planning). In den Niederlanden verlangen viele Gemeinden bei der Erteilung von Baugenehmigungen jetzt eine naturnahe Gestaltung; Bauunternehmen können durch Merkmale wie begrünte Dächer und Vorkehrungen für Wildtiere „Naturpunkte“ sammeln. In Belgien investiert Antwerpen in ein zirkuläres Wassernetz, das Süßwasser für den städtischen Gebrauch reinigt und umverteilt, um das Grundwasser wieder aufzufüllen und die Biodiversität zu verbessern.
5. Digitale und KI-gestützte Biodiversitätslösungen
Technologie verändert den Naturschutz. KI-gesteuerte Satellitenbilder, Drohnen zur Vegetationsüberwachung, akustische Sensoren, digitale Zwillinge und Apps zur Verfolgung der biologischen Vielfalt wie „Seek“ und „Pl@ntNet“ verbessern die Überwachung, und Instrumente wie Wildtierkameras ermöglichen Echtzeit-Biodiversitätsbewertungen.
Swecos neuester Urban Insight-Trendbericht untersucht die Hauptursachen des Biodiversitätsverlusts und die Möglichkeiten, diesen Trend in ganz Europa umzukehren. Er unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf für alle Interessengruppen, Regierungen, den öffentlichen Sektor, Unternehmen, den Finanzsektor und Bürger*innen.