20/11/2025

Lesezeit 6min

Jasper Püschel

Jasper Püschel

Verkehrsplanung

Annika Herberg

Verkehrsplanung

Redundante Mobilitätsangebote in Ballungsräumen

Wir leben in Zeiten multipler Krisen, die sich auch auf unsere Mobilität auswirken. So begünstigt beispielsweise der Klimawandel Extremwetterereignisse wie Starkregen, der Straßen und Schienenwege überfluten und beschädigen kann. Daneben können Cyberangriffe sowohl Verkehrsleitsysteme als auch Steuerungs- und Überwachungssysteme öffentlicher Verkehrssysteme beeinträchtigen. Durch die COVID-19-Pandemie kam es ferner zu einem plötzlichen Wandel unserer Mobilität, wodurch sich die Anforderungen an Verkehrsinfrastrukturen und Mobilitätsangebote stark verändert haben.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass Krisen und andere unvorhersehbare Ereignisse unsere Verkehrsinfrastrukturen und Mobilität stark beeinflussen können. Hinzu kommen krisenunabhängige Herausforderungen, wie überlastete Mobilitätssysteme, Verkehrsstaus und Ausfälle im öffentlichen Verkehr, die ebenfalls die Funktionalität unserer Mobilitätssysteme reduzieren. Auch Megatrends wie der demographische Wandel oder die Globalisierung stellen unsere Mobilität vor Herausforderungen, unter anderem durch ein sich änderndes Mobilitätsverhalten oder eine zunehmende internationale Vernetzung. Der Sektor „Transport und Verkehr“ gehört zur kritischen Infrastruktur, denn eine eingeschränkte Funktionalität dieser Systeme hat gesamtwirtschaftliche, soziale, ökologische und politische Effekte für die Gesellschaft. Um eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Stabilität zu ermöglichen, sind daher resiliente Mobilitätssysteme eine zentrale Voraussetzung.

Resiliente Verkehrsplanung: Mobilität nachhaltig und krisenfest gestalten

Resiliente Verkehrsplanung zielt darauf ab, Mobilitätssysteme zu entwickeln, die gegenüber Störungen widerstandsfähig sind und sich schnell an veränderte Bedingungen anpassen können. Damit geht eine resiliente Verkehrsplanung über traditionelle Ansätze hinaus und zielt darauf ab, sowohl den aktuellen Bedürfnissen als auch zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden.

Resilienz und resiliente Gesellschaften lassen sich anhand verschiedener Dimensionen beschreiben. Das 4-R-Modell von Charles Edwards beinhaltet dabei vier Elemente:

  • Robustheit („robustness“): Ein System kann äußeren Belastungen standhalten.
  • Redundanz („redundancy“): Ein System besitzt alternative Strukturen oder Prozesse, die die Erfüllung lebenswichtiger Aufgaben garantieren
  • Einfallsreichtum („resourcefulness“): Ein System kann kreativ und flexibel auf Störungen reagieren.
  • Schnelligkeit („rapidity“): Ein System kann bei Störungen schnell reagieren und sich erholen.

Verkehrsplanung mit Redundanz: Wie alternative Wege die Mobilität sichern

Eine Möglichkeit resilienter Verkehrsplanung umfasst damit sogenannte redundante Verkehrsführungen. Dies sind alternative Verkehrswege oder -systeme, die implementiert werden, um die Belastbarkeit und Zuverlässigkeit eines Mobilitätssystems zu erhöhen. Sie dienen dazu, bei Störungen, Ausfällen oder übermäßiger Belastung einer Hauptverkehrsroute weiterhin Mobilität und Erreichbarkeit sicherzustellen, beispielsweise über eine andere Route oder mit einem anderen Verkehrsmittel.

Im Rahmen der resilienten und redundanten Verkehrsplanung sorgt Sweco mit durchdachter Planung, technischer Expertise und vorausschauenden Konzepten dafür, dass Deutschlands Infrastrukturen auch in herausfordernden Zeiten zuverlässig funktionieren sowie Mobilität und Erreichbarkeit gesichert sind. Wie diese Prinzipien in der Praxis umgesetzt werden, zeigen die folgenden Projektbeispiele.

Potenzialanalyse für den Münchner Norden: effiziente Lösungen für nachhaltige Mobilität

Zwischen den Kommunen des Münchner Nordens, dem eher ländlich geprägten angrenzenden Raum im Norden und Osten sowie der Landeshauptstadt München führen starke Pendlerverflechtungen und eine überwiegend Kfz-affine Mobilität zunehmend zu starker Überlastung der Netze auf Straße und Schiene. In den letzten zehn Jahren wurden zahlreiche Konzepte für Mobilitätslösungen und Ideen für Netzergänzungen entwickelt, aber aufgrund unterschiedlichster Motivationen wieder verworfen oder nicht weiterverfolgt. Im Rahmen der Potenzialanalyse für den Münchener Norden hat Sweco die verschiedenen Mobilitätsmaßnahmen qualitativ miteinander verglichen und bewertet. Eines der Kriterien war dabei die Erreichbarkeit unabhängig vom Kfz-Verkehr als Redundanz. Bewertet wurden die Erreichbarkeit wichtiger Arbeitsstandorte und lokal relevanter Stadtteilzentren sowie die Förderung der Intermodalität. Unsere Bewertung ermöglicht es der Verwaltung nun, die unterschiedlichen Maßnahmen nach ihrem Nutzen zu priorisieren und gezielt umzusetzen.

Bahnprojekt Karlsruhe-Basel: Verkehrsführungen während der Bauarbeiten

Die Bahnstrecke Karlsruhe-Basel ist Bestandteil des wichtigen Güterkorridors von Rotterdam über Köln, Basel und Mailand bis nach Genua. Die 170 Jahre alte Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel wird viergleisig ausgebaut, um mehr Platz für Nah- und Güterverkehr zu schaffen sowie die Fahrzeit zu verbessern. Im Zuge der Bauarbeiten wird es unter anderem zu Vollsperrungen von Straßen und Fahrstreifenreduzierungen kommen. Für die Planfeststellungsabschnitte 8.1 (Riegel-March) und 8.2 (Freiburg-Schallstadt) untersucht Sweco, wie sichergestellt werden kann, dass das Straßennetz während der Bauarbeiten leistungsfähig bleibt. Die Maßnahmen umfassen unter anderem Umleitungsstrecken für den ÖPNV, Kfz-, Fuß- und Radverkehr sowie bauzeitliche Lichtsignalanlagen an Knotenpunkten.

Redundante Erreichbarkeit: Sichere Verkehrsknotenpunktlösung in Bremen

Der Bremer Stadtteil Woltmershausen wird in den nächsten Jahren städtebaulich weiterentwickelt. Bisher dient die Unterführung einer Bahnstrecke am Hohentorsplatz als Hauptverbindung sowohl für den Kfz-Verkehr als auch die Verkehrsmittel des Umweltverbunds. Um die Erreichbarkeit der Wohn- und Gewerbenutzenden zu verbessern, plant Sweco eine Neuordnung des Knotens A281 / B6 / Carl-Francke-Straße, an dem derzeit nur fünf von 16 Fahrbeziehungen möglich sind. Bisher ist Woltmershausen über diesen Knotenpunkt nicht direkt an das übergeordnete, klassifizierte Straßennetz angebunden.

Über eine makroskopische Modellierung wird untersucht, welche Fahrbeziehungen von und nach Woltmershausen besonders ausgeprägt sind und somit am Knoten prioritär hergestellt werden sollen. Mit der neuen Verkehrsknotenpunktlösung kann Woltmershausen zukünftig auch dann gut erreicht werden, wenn die stark frequentierte Unterführung der Bahnstrecke am Hohentorsplatz zeitweise gesperrt ist, etwa wegen eines Ersatzneubaus. So bleibt die Anbindung für alle Verkehrsmittel umwegearm erhalten.

Fazit: Resiliente Planung und redundante Verkehrsführung für stabile Mobilität in Ballungsräumen

Resiliente Verkehrsplanung, etwa durch redundante Verkehrsführungen oder Netz- und Angebotsergänzungen steigert die Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit unserer Mobilitätssysteme gegenüber Störungen und sich verändernden Bedingungen. Dies trägt dazu bei, unsere Mobilität und Erreichbarkeit auch in Krisensituationen oder bei unvorhersehbaren Ereignissen zu sichern und ist somit von zentraler Bedeutung für eine zukunftsorientierte Verkehrsplanung.

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